22.08.2025

Bildung baut Brücken – Die Swiss International School El Gouna (2018–2025)

Ein interkulturelles Pionierprojekt am Roten Meer
Von Jürg Kraft

 

Eine Idee mit Weitblick

Was entsteht, wenn man Schweizer Bildungsqualität, interkulturelle Offenheit und unternehmerischen Pioniergeist verbindet? Eine Schule – konkret: die Swiss International School (SIS) El Gouna in Ägypten. Zwischen 2018 und 2025 durfte ich im Auftrag des Kantons Uri den Aufbau dieser Schule begleiten – als Prozessgestalter, Coach und Brückenbauer zwischen Kulturen. Nun, mit dem Abschluss dieser intensiven Aufbauphase, ist es Zeit für eine persönliche Rückschau.

Die Gründung der Schule im Jahr 2018 ging auf die Initiative eines Elternpaars aus El Gouna zurück – mit Schweizer Wurzeln und fundierter Erfahrung im schweizerischen Bildungssystem. Aus ihrer Vision entstand die Idee, Kindern vor Ort eine Schule nach Schweizer Vorbild zu bieten. Der Kanton Uri erkannte früh das Potenzial und übernahm im Rahmen von Pilot- und Fortsetzungsprojekten (2019–2025) eine freiwillige pädagogische Aufsicht. Mein Auftrag war es, den Aufbauprozess zu begleiten und zwischen schweizerischem Bildungsverständnis und ägyptischer Realität zu vermitteln.

Ein Aufbauprozess in Bewegung

Der Weg von der Idee zur funktionierenden Schule war von Dynamik, Lernprozessen und auch Konflikten geprägt. Immer wieder galt es, zwischen unterschiedlichen Erwartungen zu vermitteln, Strukturen aufzubauen und Vertrauen zu schaffen. Dabei konnte ich Erfahrungen aus Prozessgestaltung, Coaching und Teamentwicklung einbringen, ebenso wie aus Mediation und interkultureller Vermittlung.

Ein sichtbares Ergebnis dieser gemeinsamen Arbeit war die Campusentwicklung: Mit neuen Gebäuden für Primar- und Sekundarstufe sowie für kreative Fächer (Bibliothek, Labore, Kunst, Musik, Werken) konnte die Schule ihre pädagogische Vision auch räumlich umsetzen. Die provisorische ägyptische Schullizenz 2024 war ein weiterer wichtiger Meilenstein auf diesem Weg.

Höhepunkte und Wendepunkte

Besonders prägend war die feierliche Eröffnung des neuen Primarschulgebäudes im November 2022 – ein sichtbares Zeichen für das, was in wenigen Jahren entstanden war.

Ebenso eindrücklich waren stille Momente: eine erste Elternversammlung mit spürbarem Vertrauen oder ein Teamgespräch, das durch Mediation neue Perspektiven eröffnete.

Wertvoll war auch der Besuch des Urner Bildungsdirektors 2023: Im Austausch mit der Schweizer Botschafterin Yvonne Baumann und Investor Samih Sawiris zeigte sich die Strahlkraft der Schule – lokal wie international.

Ein Projekt trägt Früchte

Die SIS El Gouna konnte sich in wenigen Jahren zu einer anerkannten Bildungsinstitution entwickeln – mit wachsender Schülerschaft, stabiler Leitung und klaren Strukturen. Besondere Bedeutung hatte die Einführung verbindlicher Reglemente, der Aufbau eines qualifizierten Teams sowie die Campusentwicklung mit neuen Gebäuden für Primar- und Sekundarstufe und kreativen Fächern.

Damit wurde ein Fundament gelegt, das über die Aufbaujahre hinausträgt. Die Schule verbindet Schweizer Bildungswerte mit ägyptischem Alltag – offen, respektvoll und zukunftsgerichtet. Auf Initiative des Investors wurde die Verantwortung inzwischen an eine andere Bildungsorganisation übergeben. Wie diese das Erreichte nutzen und weiterentwickeln wird, bleibt offen – die Chance, auf diesen Grundlagen aufzubauen, ist jedoch gegeben.

Was bleibt – persönlich und beruflich

Für mich war die Begleitung der SIS El Gouna eine Schule im doppelten Sinn: eine Schule der Geduld und Prozessgestaltung, eine Schule der interkulturellen Sensibilität und nicht zuletzt eine Schule der Kooperation über Grenzen hinweg.

Ich nehme drei zentrale Lernerfahrungen mit:

  • Vertrauen als Schlüssel – ohne Vertrauen zwischen Menschen, Kulturen und Institutionen entsteht keine tragfähige Entwicklung.
  • Strukturen als Ermöglicher – klare Regeln, transparente Verantwortung und verlässliche Prozesse schaffen den Rahmen, in dem Innovation gedeihen kann.
  • Zugewandtheit als Haltung – jenseits aller Reglemente bleibt die menschliche Begegnung das, was Veränderungen trägt.

Diese Erfahrungen prägen heute meine Arbeit in Coaching, Mediation und Organisationsentwicklung – überall dort, wo komplexe Vorhaben gestaltet werden müssen.

Ausblick und Dank

Die SIS El Gouna ist kein abgeschlossenes Kapitel – sie lebt weiter, wächst weiter, lernt weiter. Vielleicht ist sie ein Modell für Bildungszusammenarbeit auf Augenhöhe: zwischen Nord und Süd, zwischen öffentlicher Hand, Zivilgesellschaft und Unternehmertum.

Mein Dank gilt allen Partnern und Institutionen, die das Projekt während der Aufbaujahre unterstützt und begleitet haben – sei es durch Vertrauen, fachliche Impulse oder praktische Beiträge. Besonderer Dank geht an die Leitungsgremien und die Schulleitung der SIS El Gouna, an die engagierten Lehrpersonen und Eltern vor Ort sowie an die Partner in der Schweiz, die den Prozess konstruktiv mitgetragen haben.

Jürg Kraft, Mandatsträger
www.juerg-kraft.ch